Da Ruady

am Schachbrett der Zeit

Eine Autobiografie im entstehen

Da Ruady war Bruder Leichtfuß. Ich sprang ins kalte Wasser oder wurde auch hineingeworfen, wo es nur ging, manchmal kam ich schnell wieder heraus, manchmal fror ich mir den Arsch ab.

Learning by Doing …

Meine Uni war die Straße. Der Arbeitsplatz. Der Umgang, den ich hatte. Das Land, in dem ich mich aufgehalten habe. Situationen, die ich durchlebte. Egal, ob positive oder negative, das Wörterbuch, das mir oftmals gute Dienste erbrachte usw.
Durch Beobachten, Gesprächen und auch dem Schachspielen lernte ich die Menschen kennen, bekam ein Gefühl für sie.

Ich denke, ich kenne sie besser, als ich mich damals selbst kannte. Um mich selbst zu finden, musste ich weite, beschwerliche Wege gehen.


Leseproben

Da Ruady,
Autobiografie am Schachbrett der Zeit
im Oktober 1948 in Burgau geboren, getauft auf den Namen Rudolf.
Ich sitze an meinem Laptop und trinke eine Tasse Kaffee. Stark, wie ich ihn liebe. Ich weiß, ich sollte meinen Kaffeekonsum einschränken. Mein Arzt erlaubt mir nur eine oder zwei Tassen täglich; ich muss lachen, als würde ich mich daran halten.
 Wie in einem Film zieht mein Leben an mir vorbei: meine Kindheit in einem Dorf in der Oststeiermark, der weite Weg in die Schule, meine Brüder, die üblen Scherze, die sie mit mir trieben. Die Lehre in Graz, der Umzug nach Wien, das Keilerleben. Leiter einer Imbisskette. Einsatzleiter in einer Reinigungsfirma. Betreuer eines Flüchtlingsheims. Und die fünfzehn Jahre in der Dominikanischen Republik.
Ich beginne zu schreiben, aus Buchstaben werden Wörter, aus Wörtern Sätze, meine Finger kreisen wie ein Adler über die Tastatur.

1.Kapitel
Eltern,
Meine Eltern lebten in Wien, Vater war beruflich bei der Militärmusik, Mutter war Hausmädchen. 1945 verließen sie das zerbombte Wien, zogen nach Burgau in der Steiermark; Vater stammte von dort ab und sein im Jahre 1935 geborener Sohn Karl lebte bereits dort. Sie hatten einen beschwerlichen Weg vor sich.
Mit ihren drei Kindern, Gerd fünf, Kurt vier und Bernd drei Jahre alt, nahmen sie die ca. 150 Kilometer in Angriff.
Während ihrer Wanderschaft nach Burgau mussten sie sehr vorsichtig sein, da sie durch ein von Russen besetztes Gebiet mussten. Mutter hatte wahnsinnige Angst, da man von Vergewaltigungen und dem barbarischen Verhalten der Besatzer hörte. 
Die Bauern wussten über die Russen Bescheid. Vater erfuhr von ihnen, dass sie nicht gerne in der Nacht auf Streife gingen, weil sie sich lieber ihrem Wodka widmeten. Also gingen sie nur nachts. Sie mussten darauf achten, erzählte mir mein Vater, nicht durch Weinen von ihren Kindern verraten zu werden, diese Belastung war riesig.
Am Tag versteckten sie sich bei sehr freundlichen und hilfsbereiten Bauern. Sie konnten sich dort von den Anstrengungen erholen. Die Bauern ließen die Kinder auch zu den Tieren im Stall gehen, um ihnen beim Herumtoben der Hasen zuzuschauen. Sie kannten so etwas nicht. Sie waren doch noch nie auf einem Bauernhof, das tat ihrer Seele gut. Nachdem die drei Racker eingeschlafen waren und von den Häschen geträumt hatten, nahm Vater die Trompete und spielte bekannte Lieder.  Mutter und die Bauern haben gesungen und ausgelassen getanzt.  die Schrecken der Kriegszeit konnten sie etwas vergessen.
Als sie die russische Zone hinter sich hatten, atmenden meine Eltern durch. das Ärgste war überstanden. 
Sie kamen in die britische Zone. Dort war es möglich, dass man sie für Spione der Russen hielt. Die Angst meiner Eltern hielt sich aber in Grenzen. Es war unwahrscheinlich, dass sie kontrolliert wurden. Da sie mit drei kleinen Kindern unterwegs waren. Vater hätte plausibel erklären können, warum sie in der Gegend waren, da die Gemeinde Burgau seine Heimatgemeinde war.
Nachdem sie erschöpft und glücklich angekommen waren, wohnten sie in dem Haus von Vaters Eltern; seine Schwester und ihre kleine Tochter wohnten ebenfalls dort. In der ansässigen Fabrik, die Stoffe verarbeitete, fand Vater Arbeit und mit der kleinen Landwirtschaft, die er von seinen Eltern übernommen hatte, hatten wir das Auskommen. 
 Vater baute auf dem geerbten Grundstück unser Haus, in welches wir im Sommer 1950 einzogen.
Wir lebten ungefähr drei Kilometer außerhalb des Ortes, was meine Mutter und meine Schwester sehr erfreute, da sie sich pausenlos in den Haaren lagen. Meistens ging es um meine Brüder, die es nicht lassen konnten, ihre Cousine zu nerven.
Wenn unsere Tante einen meiner Brüder dabei erwischte, gab es Ohrfeigen. Sobald die Mutter davon erfuhr, kam es zu Streitigkeiten zwischen den verschwägerten Frauen. Mutter meinte, dass die Bestrafung ihrer Jungs ausschließlich ihr zustehen würde, da sie die reinsten Engel waren.  
Ich hole mir ein Bier aus dem Kühlschrank, schalte das Radio ein, nehme einen Schluck und schreibe weiter.

2.Kapitel
Schachspielen,
Schach erlernte ich an einem eisigen Wintertag; wir saßen alle um einen Herd herum, die zwei Petroleumlampen erhellten den Raum. Das Licht flackerte und warf Schatten auf die Wände, während der Wind um die Ecken pfiff.  Meine Brüder alberten herum, die Mutter bügelte, auf dem Herd kochte eine Suppe, die gemischt mit Polenta unser Abendessen war. Nach dem Essen hat Vater, meine Brüder und mich zu sich gerufen; er wollte uns die Grundbegriffe von Schach beibringen. Er malte auf einem Karton 64 Felder, beginnend links unten, mit einem schwarzen Feld, daneben ein weißes und wiederum ein schwarzes usw. Ein perfektes Schachbrett. Die Figuren: Hosenknöpfe waren die Bauern, der König eine auf den Kopf gestellte Schraube, die Dame eine dickere Schraube, die Läufer kleinere auf den Kopf gestellte Schrauben.  Bei den Springern war am meisten Geschick gefragt; Vater formte sie aus Fensterkitt, sie kamen echten Schachfiguren ziemlich nahe. Die Türme wiederum waren halbe Baukastenwürfel. Vater begann seine Figuren auf dem Schachbrett aufzustellen und erklärte uns, welche Aufgaben die Hosenknöpfe, die ja Bauern waren, die Schrauben, die ja König, Dame und Läufer waren, die Springer und die Türme beim Schachspielen haben. Mir rauchte der Kopf, aber gleichzeitig war meine Neugier geweckt. Ich empfand es als bedauerlich, dass meine Brüder überhaupt kein Interesse an dem Spiel zeigten, da ich mich gerne mit ihnen messen würde.  Der Winter war lang und die Tage waren kurz, so spielte Vater mit mir im Schein der Petroleumlampen jeden Tag ein paar Partien.  In all den Jahren, die vergingen, musste ich immer an jenen kalten Wintertag denken, an dem Vater mein Interesse für dieses geniale Spiel geweckt hat. Nicht nur das Erlernen von Schach war Ausschlag gebend, sondern das fantasievolle Herangehen meines Vaters, wie er das Schach mit Schrauben, Hosenknöpfen usw. aus dem Ärmel zauberte.
Ich strecke mich, im Radio spielen sie gerade this is my Way, passend denke ich und haue in die Tasten.
Noch etwas habe ich und werde ich nie vergessen. Ich war noch ein kleiner Junge, als Vater an einem Heiligen Abend mit seiner Trompete vor das Haus ging. Es hatte geschneit. Es war Vollmond, alles war makellos weiß und glitzerte. Der Himmel war klar und die Sterne leuchteten. Auf unserem Weihnachtsbaum branden die Kerzen. Mutter nahm Egon, meinen kleinen Bruder, auf dem Arm und mich hielt sie mit der anderen Hand an sich gedrückt. Meine älteren Brüder standen bei uns, wir alle lauschten dem Weihnachtslied und waren ganz ergriffen, mit welcher Hingabe Vater mit seiner Trompete Stille Nacht, die Heilige Nacht spielte.
Es war wunderschön, was wir von Vater zu hören bekamen. Wieder in der Stube legte er einige Holzscheite in den Ofen, es knisterte und prasselte, die Wärme breitete sich aus und Vater begann mit der Bescherung.


Der kleine Trommler,
Mein Vater war Kapellmeister der Musikkapelle Burgau und ich durfte mit elf Jahren die kleine Trommel spielen.
Dafür musste ich sehr viel üben. Meistens habe ich zu Hause in der Küche geübt, aber nur so lange, bis die Mutter gesagt hat, komm, übe draußen weiter. Denn der Radetzkymarsch in der Dauerschleife wurde ihr bei aller Liebe zu mir zu viel.
Als braver Junge, der ich war, ging ich vors Haus und übte weiter. Lasso, unser Hund, begleitete mich. Er sprang um mich herum und bellte; je lauter ich trommelte, desto lauter wurde sein Bellen.
Meine Mutter schaute uns eine Weile zu und schloss dann mit einem Lächeln das Fenster.
Wir hatten keine unmittelbaren Nachbarn, die sich gestört fühlen könnten; ich konnte so laut trommeln, wie ich wollte.
Hinter unserem einfach erbauten Haus war ein Naturteich.
Dahinter schlängelte sich ein Bach; mit Bäumen begrenzt durch Wiesen und Felder.
Um zum Dorf zu kommen, ging ich etwa 30 Minuten zu Fuß den Bach entlanggehen.
Ein großer Teich, mitten im Ort, der als Freibad genutzt wurde, diente als Bühne für das alljährliche Strandfest, das dort jedes Jahr im August veranstaltet wurde.
Bei dem Fest, das damals sehr bekannt wegen seiner Aufführungen war, gab es für jeden etwas. Für die Kinder gab es ein Kasperletheater. Für die älteren Semester Volksmusik und für die Jugend Rock ’n’Roll und den Beat und das alles mit live Musik.
Es wurden überall entsprechende Tanzflächen aufgebaut. Wo auch richtig die Post abging. Zu dieser Zeit gab es am Land keine Disco, also wurde beim Strandfest ausgelassen gefeiert.
Zum Abschluss wurde immer ein großes Feuerwerk gezündet. Für diese Zeit wurde einiges geboten.
Dort traten auch heute noch bekannte Leute auf wie Udo Jürgens, Peter Alexander, Conny Frobes, Gus Backus, mit seinem Lied, der Mann im Mond, auf.
Den Text habe ich heute noch im Ohr:
Der Mann im Mond, der hat es schwer, denn man bestaunt ihn heute nicht mehr.


Vergissmeinnicht,
als Einsatzleiter in einer Reinigungsfirma hatte ich die Aufgabe die Arbeiten zu koordinieren, Qualitätskontrolle von durchgeführten Arbeiten gehörte auch dazu.
In jedem Haus, das wir betreuten, gab es eine Ansprechperson, im 4. Wiener Bezirk war das eine pensionierte Lehrerin, die hatte es in sich.
Ihre liebste Art unsere Arbeiten zu kontrollieren war, mit einem weißen Tuch über die gereinigten Stiegengeländer zu wischen und sich zu wundern, dass das Tuch nicht mehr blütenweiß war.
Das war dann jedes Mal Grund genug für das alte Biest bei meinem Chef anzurufen und sich über mein Team und mich zu beschweren.
Natürlich musste ich dann bei der Geschäftsleitung, obwohl man die gute Dame schon kannte, zum Raport antreten.
Eines Tages kam mir die rettende Idee, ich wusste durch das Namensschild an ihrer Tür, dass sie Mathilde heißt. Also durchsuchte ich den Kalender, wo immer die Namenstage angeführt waren und wurde fündig.
An Mathildes Tag kaufte ich Vergissmeinnicht, so bewaffnet, fuhr ich zu ihr, um sie mit den besten Wünschen zu übergeben.
In diesem Augenblick war sie gar nicht mehr so biestig, sie konnte sogar lächeln. Sie lud mich auf einen Kaffee ein.
Ein paar Wochen später fragte mich mein Chef, sagen sie mal Herr Seiler, lebt den die alte Lehrerin noch? Ja, erfreut sich bester Gesundheit, warum? Weil habe schon lange nichts mehr von ihr gehört, was haben sie mit der gemacht? Ich grinste, Vergissmein nicht.


Vertreter,
Eines Tages sah ich dann ein Inserat in der Zeitung, wo versprochen wurde, dass man in ganz Österreich unterwegs sein werde und dabei noch gut verdienen könne.
Das war der ideale Job für mich; ich dachte, es handelt sich dabei um eine Beifahrertätigkeit.
Als ich mich vorstellte, erfuhr ich, dass es sich um eine Verkaufstätigkeit handelt; ich konnte mir zwar nicht vorstellen, worum es genau ging, war aber neugierig; ich wollte mehr über diesen Job erfahren.
Am nächsten Tag erfuhr ich, dass es sich um eine Vertretertätigkeit handelte. Die Einschulung war dann sehr kurz. Meine Mitbewerber und ich wurden darauf hingewiesen, dass wir Kinderzimmer Dekorationen verkaufen sollen.
Die Chefs Peter und Wolfgang hatten die Idee, Walt Disney Figuren wie Micky Maus, Donald Duck, Bambi usw. in Heimarbeit herzustellen. Dafür brauchten sie Leute für den Vertrieb.
Diese Figuren wurden aus Holzplatten heraus geschnitten und angemalt. Diese Handarbeiten wurden dann auf dünne Pressspanplatten in der Größe von 15 mal 23 cm. Die mit grünem Filz bezogen waren, aufgeklebt und fertig war die Kinderzimmer Dekoration.      
Hauptsächlich verkauften wir diese Deko in Wien. Super verkaufen ließ sich das in den Neubauten, wo die Leute erst eingezogen sind. Wir verkauften das von Tür zu Tür. Ich hatte immer, wenn die Tür aufging, eine Auswahl schön sichtbar in der Hand. Und sorgte dafür, dass auch die Kleinsten, die ja immer mit Mama oder Papa an die Tür kamen, schöne Sicht auf die Bilder hatten. Ich erklärte, dass es sich um Handarbeiten, also um Unikate von mir Handelt und die bettelnden Kinderaugen verhalfen mir zu einem guten Verkaufserfolg. Damit begann ein besonderes Kapitel in meinem Leben, das mich auch nach Deutschland und für fast zwei Jahre in die Schweiz führte.


Schatten,
Dabei begann alles ganz harmlos, mein Chef und seine Frau, mit denen ich auch befreundet war, luden mich zur Feier von neu erzielten Rekordumsätzen auf seinen Würstelständen in ein Casino ein. Was ein geselliger Abend, war, entpuppte sich für mich in späterer Folge als mehr als fatal.
Ich wusste nichts von einem Casino, ich hatte auch nie einen Gedanken daran verschwendet, jemals eines zu besuchen.
Aber diese prickelnde Atmosphäre, schon bei Ankunft, die elegant gekleideten Leute, die sich in Noblesse ergaben, dann die gedämpft geführten Unterhaltungen im Casino, die leise Musik und das Ambiente nahmen mich einfach gefangen und entführten mich in eine andere Welt.
Ich ging mit meinen Gastgebern an die Bar etwas trinken, hier erklärten sie mir die einfachste Art im Casino zu spielen, ist zu warten, bis die Kugel mindestens zweimal hintereinander auf Schwarz oder Rot fällt, dann setzt du dagegen.
Als wir ausgetrunken hatten, begaben wir uns an die Spieltische, meine Freunde setzten sich an einen Tisch und begannen zu spielen, ich sah ein wenig zu. Als ich mich vom Tisch erhob, drückte Peter, mein Chef, mir ein paar Jetons in die Hand und wünschte mir viel Glück.
Ich schlenderte durchs Casino, schaute anderen beim Spielen zu, dabei blickte ich einigen Leuten über die Schulter und sah, dass einige die gekommenen Zahlen mitgeschrieben haben. Bei dieser Gelegenheit sah ich, dass die Kugel viermal auf Schwarz gefallen war. Ich erinnerte mich, dass meine Chance, um so öfter, dass die Kugel auf eine Farbe fiel, um so größer war die Wahrscheinlichkeit, dass sie beim nächsten Wurf auf die andere Farbe fällt. Also musste ich, um zu gewinnen, auf Rot setzen. Ich setzte auf Rot und gewann.
Im Vorbeigehen an den Tischen schaute ich bei den Leuten auf ihre Notizen. Und wusste, was ich setzen musste. Wenn dreimal dieselbe Farbe kam, setzte ich dagegen. Wenn ich verlor, spielte ich weiter verdoppeln plus Einsatz.
Ich war gerade am Gewinnen, als Peter sagte, gehen wir an die Bar etwas Trinken.
Gegen Mitternacht verließen wir das Casino, das Gefühl gewonnen zu haben war überwältigend, ich war in einem Glücksrausch.
Trotzdem mein eigenes Geld hätte ich nicht riskiert.


Die Fünfzehn Jahre in der Dominikanischen haben meinen Horizont enorm erweitert. Ich habe nicht nur die Landessprache Spanisch gelernt, sondern bin auch in eine ganz andere Welt eingetaucht. In der Karibik, einer Welt voller Lebensfreude, mit Musik, Tanz und kontaktfreudigen Menschen. Da Ruady inhalierte dieses Feeling und verließ in kleinen Schritten die Schatten der vergangenen Jahre. Obwohl er damals 44 Jahre alt und keine Ahnung hatte, was ihn erwarten werde, egal er werde hier bleiben und sich durchbeißen. Mit Einheimischen und Touristen unter blauem Himmel am Strand unter Palmen Schach zu spielen. Den Möwen beim Fischen zu sehen, das Meeresrauschen, das so eine beruhigende Wirkung auf ihn hat. Wenn ich aus dem Wasser kam und mir mit der Zunge über die Lippen leckte, das Salz schmeckte, das beglückende Gefühl von Freiheit das wollte ich nicht mehr missen. Wir spielten bei lauter Musik, ohne Musik geht dort ohnehin nichts. Daran musste ich mich erst gewöhnen. Das ging schnell. Ich mochte sofort den rhythmischen Klang von Bachata, Merengue und Salsa. Den Dominikanern kannst du alles nehmen aber ihre Musik nicht. Ich, da Ruady habe das überall im Land gesehen. Auf dem Pannenstreifen einer Autobahn. Wo zwei Männer sich um die Platten am Auto kümmerten. Und deren Begleitungen die Musik laut aufdrehten und auf dem Pannenstreifen tanzten. Am liebsten hätte ich mein Auto auch abgestellt, um ihnen Gesellschaft zu leisten. Einkaufen oder beim Friseur sitzen ohne Musik geht nicht. Während du dein Auto in einem Car-Wash reinigen lässt, was die Dominikaner, die es sich leisten können, wöchentlich machen. Kannst du inzwischen Bier trinken, ein Tänzchen wagen, Billard spielen oder dir auch die Haare schneiden lassen, die meisten Waschanlagen sind soziale Treffpunkte. Da ist richtig was los, wird getanzt, dann bekommt man Durst, also trinkt man ein Präsidente (gutes nationales Bier). Und weiter gehts mit tanzen und Bier trinken. Wenn man sich dann entscheidet, aufzubrechen, kann es schon sein, dass man leichte Gleichgewichtsprobleme hat. Ich habe selbst erlebt, wie ein betrunkener Mann Schwierigkeiten hatte, sein Auto zu öffnen; kam ein Polizist des Weges, ich glaubte er, er würde ihm den Schlüssel abnehmen, und blickte dumm aus der Wäsche, als er ihm half, sein Auto aufzusperren, damit er endlich fahren konnte. Das war mir neu. Ich war damals auch neu im Land. Und musste noch viel lernen. Da ich kein Kind von Traurigkeit war, machte es mir Spaß, diese Lebensart zu erlernen. Und ich lernte schnell. Ich lernte auch, dass es im Falle eines Unfalls der Richter unterscheidet, ob der Verursacher betrunken war oder nicht. Na ja, wer zahlen konnte, bezahlte. Wer kein Geld hat, geht in den Knast. Alkohol am Steuer wird in der Dom-Rep nicht so eng gesehen. Die Dominikaner und Dominikanerinnen lieben es zu tanzen; egal, wo, mit wem, Hauptsache sie können ihre Hüften im Rhythmus der Musik bewegen. Na ja, mit wem, den größten Spaß hatten sie natürlich mit hüftsteifen Touristen. Am Anfang hatten sie mit mir auch ihren Spaß, aber Naturtalent, das ich bin, konnte ich relativ rasch so halbwegs die Hüften kreisen lassen. Die Kinder in der Karibik können das, bevor sie laufen können. Für manche Tänze muss man einfach geboren sein. Als ich dann später ein Auto besaß. Ließ ich es auch in einem Car Wash innen und außen reinigen. Die Schach-Kassette nahm ich heraus, holte mir ein Bier und stellte die Figuren auf .


Schachfigur,
Schach hat mich das ganze Leben begleitet.
Im flackernden Licht zweier Petroleumlampen mahlte Vater auf einem Karton 64 Felder, beginnend links unten, mit einem schwarzen Feld. Daneben ein weißes Feld, wiederum, ein schwarzes Feld usw. ein Schachbrett.
Hosenknöpfe waren die Bauern. Der König eine auf den Kopf gestellte Schraube. Die Dame eine dickere Schraube, die Läufer kleinere auf den Kopf gestellte Schrauben, die Pferde wurden aus Fensterkitt geformt, sie kamen realen Schachfiguren ziemlich nahe und die Türme, waren halbe Baukastenwürfel.
So brachte Vater mir die Grundbegriffe des Schachs mit einfachsten Mitteln bei.
Nach einer Kindheit und Schule in der Oststeiermark, erlernte ich einen Beruf in Graz, wo ich mir mein erstes Schachspiel kaufte.
In Wien wurde ich dann Vertreter für ganz Österreich. Meine Schachkassette war immer dabei.
Dann gings nach Deutschland, und in die Schweiz, wo ich mich weiterhin mit Geschick, Charme und Redseligkeit und mit dem Schachspielen Kontakt findend, durchschlug.
Wieder in Wien wurde ich Geschäftsführer bei einer Imbisskette.
Auf meinem Schachbrett der Zeit waren das die ersten Züge einer sehr spannenden Partie.
Einer meiner nächsten Züge machte mich zu einem Betreuer eines Flüchtlingsheims in Sallingberg, wo ich auch mit den Bewohnern Schach spielte.
Meine nächsten Züge führten mich in die Dominikanische Republik. Hier verhalf mir Schachspielen zu Kontakten sowohl zu Touristen als auch zu Einheimischen. Durch Kontaktfreudigkeit wurde ich Reiseleiter.
Nach 15 ereignisreichen Jahren in der Karibik kehrte ich nach Wien zurück.


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