Karl aus Hainburg a/d Donau (A)

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Fremdenführer im Schloss Schönbrunn i.R.

Es gibt kein Chaos. Es gibt nur Unordnung.

Du willst eine lustige Stellung sehen? Ich stell eine auf!

Unordnung entsteht auch am Schachbrett. Nicht, dass ich mir das so wünsche, aber es passiert. Das ist nichts Schlechtes, es ist sogar einer der Faktoren, die Schach so ansprechend machen.

Ich versuche immer charmante Stellungen auszudenken und die aufs Brett zu bekommen. Meist macht der Gegner dann einen blöden Zug und alles wird anders. Ungeniert bringt er meinen Plan durcheinander, weil er natürlich seine eigenen Ideen hat, was da auf den 64 Feldern entstehen soll.

Selbst nach 60 Jahren Schach spielen – mit meinem Vater, mit Freunden, im Verein, in Liga-Spielen und Turnieren – fasziniert mich das. Mir geht’s gar nicht ums Gewinnen. Mir geht’s um die aufregenden Abenteuer, die ich am Brett erlebe. Schach ist einfach schön.

Eine gefühlte Ewigkeit war ich Fremdenführer in Schloss Schönbrunn und ich habe das gern gemacht. 3 bis 4 Führungen waren es im Schnitt pro Tag. Weißt Du wie viele Leute täglich ins Schloss kommen? 9 bis 10 Tausend. Es gibt 41 Zimmer und ja, Napoleon Bonaparte, nach dem das Napoleon-Zimmer benannt wurde, spielte und verlor hier gegen den „Schachtürken“.

Langer Zeit hatte Schach in Wien große Bedeutung. Seit den 70er-Jahren hat die Popularität sukzessive abgenommen. Es gibt immer mehr alternative Unterhaltung, wie Fernsehen und so. Vielleicht ist die Carlsen-Niemann-Geschichte eine richtig gute Reklame fürs Schach? Wäre doch nicht schlecht!

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Video, Saint Louis Chess Club:
» Napoleon vs. The Turk, 1809, Schloss Schönbrunn
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Buch, Tom Standage:
» Schachautomat „Türke“ und seiner oarge Reise um die Welt
„Spannend wie ein Krimi.“ „Eine fesselnde Zeitreise“. „Der Schachautomat beeinflusste die Entwicklung wegweisender Vorläufer des Computers. Heute, mitten im Digitalen Zeitalter, wissen wir, wie weit der Türke seiner Zeit voraus war. Sein Mythos ist ein schillernder Teil der Technologiegeschichte.“

WFM Annika in Wien (A)

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Staatsmeisterin, A-Trainer, FIDE Instructor, Koordination Wiener Jugendkader, Schiedsrichter, Studium der Geografie und Biologie

Was Schachdisziplinen anbelangt gilt für mich: Je schneller, desto besser!

Wie die Schachkarriere anfing: Annika mit schwarz nach 1.e5 e6 2.Dh5 Dh4

Bei den Staatsmeisterschaften Blitzschach und Schnellschach spiele ich durchaus vorne bei den Männern mit. Natürlich macht es mich stolz, wenn ich dabei den einen oder anderen IM besiege. Wie zum Beispiel IM Florian Schwabender nach hartem Kampf, oder IM/WGM Eva Moser in 2015.

Heuer gelang mir ein Sieg gegen IM Hannes Ganaus bei der Staatsmeisterschaft Standardschach!

» GM Markus Ragger analysiert die Eröffnungsfalle mit Damenfang
» Die ganze Partie in 2 Minuten

Begonnen hat meine Schachlaufbahn mit dem Schachset aus der Spielebox. Die Figuren waren einfach schöner als die Spielhütchen und mein Vater wusste wie man Schach spielt. Ein selbsternannter Schachmeister hat ihm das früher beigebracht. Er lehrte uns, dass der allererste Bauer 3 Felder fahren darf. Ich fand das irritierend, da sich 1.e5 nicht spiegeln lässt und ich nach 1… e6 2.Dh5 Dh4 meine Dame verlor.

Dann ging es rasch und mit regulären Zügen weiter. Landesmeisterin wurde ich das erste Mal mit 6, Staatsmeisterin (U8) mit 7 Jahren. Von Beginn an war ich vom Spiel fasziniert und auf Turnieren zu Hause.
Seit 2018 leite ich den Wiener Jugendkader und bin stolz auf die konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten. Die Eltern sind verlässlich und unterstützend. Sie verstehen, dass mindestens 40 Partien pro Jahr gespielt werden sollen. Wir Trainer schauen auf Spaß und Methodenvielfalt. Bei mir lieben die Kids die Vorbereitung auf ihre Turnierpartien, Bauern- & Turmendspiele sowie Taktikunterricht. Wenn es Eröffnungstheorie sein soll: Gambits! Rasch Raum für Ideen schaffen.

Marc aus Barcelona (ESP)

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Schachlehrer, Bundesschachlehrer i.A.

Firmen engagieren mich, um Schachworkshops für Anfänger zu halten.

L’essencial és intelligible als ulls“ (Das Wesentliche ist auch nicht sichtbar) steht in Marcs Instagramprofil

In zirka 6 Stunden bringe ich der Gruppe die Grundlagen des Spiels bei. Mit den Gangarten fangen wir an. Das macht am meisten Spaß mit den Liedern der Argentinischen Band Tocada Movida, die zu jeder Schachfigur ein Stück verfasst hat. Wenn am Schluss des Workshops Partien gespielt werden, höre ich die Teilnehmer summen, um sich an ein Lied und damit an die Gangart der Figur zu erinnern.

Zur Zeit sind wir, eine internationale Gruppe junger Leute, ein paar Wochen in Wien, wo wir für Reisekosten und Aufenthalt arbeiten. Wir haben es fantastisch erwischt, denn unsere Arbeit ist in Wahrheit ein Theaterworkshop! Stell Dir das vor, wir lernen die Kniffe des Theaters, Körperarbeit, Mimik und der richtiger Einsatz der Stimme.

Schach spielen, Theater spielen… auch im Leben spielen wir immer eine Rolle. Und Schachbegriffe werden oft als Metapher verwendet. So könnte man Menschen, die beim Theater Backstage arbeiten, als die Bauern betrachten, die wichtige Zubringer sind. Ohne sie geht gar nichts. Beim Fußball scheinen mir die Flügelspieler wie Türme zu sein.

Alle Menschen haben ihre Spezialitäten und Talente. In einem Team kombiniert sich das zum Optimalen. Genau wie am Schachbrett!

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» Marcs Youtube-Kanal (Katalan/Spanisch, manche Beiträge Englisch)

Marc mit einer „Vienna“ Schachkassette vom Naschmarkt

Liselotte aus Zeiselmauer (A)

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Schneiderin

Schauen Sie, ist das nicht toll? Die Leute lechzen sich nach geistiger Beschäftigung!

Leopoldine:“Sie wollen gegen mich spielen? Aha, ein Selbstmörder!“

Das Schach hier am Tisch ist jeden Freitag und ich komme sehr gerne dazu und sehe mir das bunte Treiben an. Nicht nur, damit ich weiß, welcher Tag es ist, haha. Die Stimmung ist so schön hier. Es werden oft 3, 4 verschiedene Sprachen gleichzeitig gesprochen. Selbst die 2, die sich am Brett gegenüber sitzen, sprechen nicht immer die gleiche Sprache. Dann einigen sie sich auf Englisch oder nonverbal.

Ich habe in meinem Leben schon viele Sprachen gehört und einige gesprochen. Mein Mann und ich sind viel gereist und haben zeitweise im Ausland gewohnt. Zum Beispiel im schönen London und auch im lebendigen Amsterdam. Nein, Holländisch habe ich nicht gelernt, die Niederländer sprechen ja alle Englisch.

Naja, heutzutage bin ich froh, wenn mir mein Deutsch nicht abhanden kommt, haha. Schach ist eigentlich auch eine Sprache, finden Sie nicht? Früher habe ich gerne mit meinem Vater gespielt. Er wurde 1903 geboren, war ein starke Kaffeehausspieler und sehr geduldig mit mir.

Heute habe ich alles schon vergessen. Oder, warten Sie, die 2 Figuren sind doch gleich viel wert, nicht? Und diese hier heißt Läufer und fährt diagonal!

Wie bitte, Sie wollen gegen mich spielen? Aha, ein Selbstmörder!
Wer hätte das gedacht, ich spiele wieder Schach… und noch dazu mit so einem feschen Kerl.

Thomas aus Marchegg (A)

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Fotograf, Performer

Schach kreuzte, in Etappen aber hartnäckig, immer wieder meinen Weg.

Thomas meint: „Blitzen is a Bledsinn“

So mit 12 haben mehrere Menschen versucht mir das Spiel beizubringen, doch ich habe es nicht kapiert.

Mit 14 passierte der Unfall. Es war beim Holz machen. Ein Baum ist falsch umgeflogen und hat mich samt Stamm, den ich vor der Brust trug, umgehauen und auf die Erde gedrückt. Daher die Querschnittlähmung.

Ebenso mit 14 wurde im Internat eine Schachmeisterschaft ausgetragen. Chancenlos habe ich teilgenommen und bin, mehr oder weniger erwartungsgemäß, Letzter geworden. Das wollte ich so nicht auf mich sitzen lassen und habe ein Jahr lang geübt, bis mir der Knopf aufging. Ich verstand nun was der Spaß an dem Spiel war und konnte immer öfter gewinnen.

Als Student der Wirtschaftsinformatik spielte ich gerne mit einem burgenländischen Vereinsspieler und einige Jahre später entdeckte ich das Blitzen auf lichess für mich. Das kam durch die Weltmeisterschaft zwischen Viswanathan Anand und Magnus Carlsen. Blitzen, On- wie Offline, is eigentlich eh a Bledsinn. Besser immer gscheit nachdenken, sonst wird die Performance am Brett stets schlechter.

Apropos Performance: Seit 2018 spiele ich auch abseits des Schachbretts, nämlich im Stück „Every Body Electric“ von Doris Uhlich. Doch selbst das Theater ging mit Schach einher, denn mit dem Lichttechniker begann ich Fernschach zu spielen. In 2019 entdeckte ich Jan mit seinem Schachbrett auf der Mahü und Dich da, dort und in der Bücherei. Haha, keine Ruhe von dem depperten Spiel!