Samer aus Nassiriya (IRQ)

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Schachlehrer & Jusstudent

Ich habe ein fotografisches Gedächtnis.

Samer aus Nassiriya

Das ist eigentlich ein Teil des räumlichen Denkens und somit trainierbar, zum Beispiel mit Schach. Jede Person die Blindschach spielen übt, wird diese Fähigkeiten des Gehirns stärken.

Ich komme aus einer Schachfamilie, mein Onkel wurde mit 11 Jahren U20-Staatsmeister, mein Vater war Olympiaspieler und mit fünf habe ich zu spielen begonnen. Für mich gillt: „Wenn du mit Löwen aufwächst, wirst du selber zum Löwen.“ In Wien wurde auch noch der starke Spieler Aco Alvir mein Volksschulschachlehrer, was dazu führte, dass niemand mehr gegen mich spielen wollte.

Als Kind bist du wie ein Schwamm, du saugst alles auf. Das lässt sich auch physisch erklären: Die Synapsen im Hirn vermehren sich im Alter von zwei bis zehn enorm, vorausgesetzt das Kind wächst in einer gesunden Umgebung auf, mit tollen Stimuli und wenig Digitalem. Danach werden ungenutzte Verbindungen rasant wieder abgebaut!

Kinder legen beim Schach spielen erheiternde Eigenheiten an den Tag. In der Fantasie werden sie zum Beispiel selber zu einer Figur. Ziehen sie mit einem Springer, hüpfen sie oft damit weiter. Alle andern Figuren bleiben in der „Garage“.

Auch verraten sie gerne ihre Pläne. Sie freuen sich so sehr, wenn sie eine Listigkeit entdecken, dass sie es laut herausplappern und damit dem Gegner verraten.

„Das Damenopfer auf h8 verleiht Turm und Läufer Supermacht.“
Annika Fröwis und Samer Albadri haben diese Schachübung und den Spruch dazu miteinander ausgedacht.

Cristina aus Bukarest (RO)

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Künstlerin

Schach ist für mich immer auch Nostalgie, weil es zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen gehört.

Cristina aus Bukarest

Wir wohnten in einem großen Sozialbau, 200 Wohnungen aufgeteilt auf acht Stiegen und ich habe es geliebt! Es war toll, dass es immer genug Kinder gab und alle miteinander spielen durften, egal aus welcher sozialen Schicht. Wir sammelten Briefmarken, spielten Verstecken oder Schach. Alle Kinder spielten Schach, am liebsten auf Decken hockend im Stiegenhaus.

Überhaupt alle spielten Schach: Vater, Mutter, Onkel, Lehrer*innen, die Jungen und die Alten. Während die Kinder im Stiegenhaus spielten, spielten die Alten in den Wohnungen oder an den Schachtischen in der Wohnanlage.

Mich fasziniert das Spiel mit den wenigen Regeln, aber endlos vielen Positionen und Kombinationen, die brillante und unerwartete Momente bringen.

In meiner Kunst habe ich Schach in der Performance „Re-enactment of a Chess Game“ zum zweiten, oder eigentlich zum dritten Mal* verwendet. Ist das Thema Schach, dann führen alle Wege zu Michael Ehn! Michael hat mir im Zuge meiner dreijährigen Recherche verblüffende Geschichten aus dem Leben verschiedenster Schachspieler*innen erzählt. Insiderwissen wie von einem Familienmitglied. Wir konzentrierten uns am Ende auf den ersten Weltmeister Wilhelm Steinitz. Michaels Anekdotensammlung über diese berühmte Schachpersönlichkeit ist einzigartig.

* Schach in Cristina’s Kunst:


Cristina’s Art Blog

Rudy aus al-Hasaka (SYR)

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Physikstudent

Drei Stunden am Stück muss nicht sein, aber ein bisschen Schach ist schon gut.

Rudy aus al-Hasaka

Nach meiner ersten Berührung mit dem Spiel dachte ich, es ist entweder super einfach oder ich bin ein Supertalent. Ich war zehn oder elf Jahre alt, als mir mein Cousin erklärte wie es geht. Prompt gewann ich die erste Partie. Das blieb nicht so. Aus diesen Erfahrungen und mit dem Schachstrategie-Buch meines älteren Bruder, lernte ich, dass man sich im Schachspiel verbessern kann.

Freilich spielten wir Kinder, anstatt Brett- oder Kartenspielen, meistens im Freien, denn das ganze Jahr ist durch das Steppenklima das Wetter schön! Für alle vier Jahreszeiten gibt es spezielle Lieblingsbeschäftigungen. Ich habe das so in Erinnerung:

Frühling – Verstecken spielen und Radfahren.
Sommer – Fußball und Radfahren.
Herbst – Holzkreisel und Radfahren.
Winter – Murmeln und Radfahren.

Genau, ich liebe Radfahren. Oft waren wir eine richtige Bande, auf jedem Rad zwei Kinder. Einmal sind mein Cousin, mein Bruder und ich über eine Bundesstrasse zu einem 40 Kilometer entfernt gelegenen Dorf gedüst. Wir nutzen es aus, dass sich alle Erwachsenen, im Rahmen des Fastenbrechens Festes, gegenseitig besuchten und dadurch keinen Überblick hatten, wo wir steckten.

Christine aus Kittsee (A)

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Lehrerin

Spielen wir eine Partie, es ist schon so lange her, dass ich kaum mehr weiß, wie die Regeln gehen, aber egal!

Christine aus Kittsee

Ein Mädchen von einer anderen Schule, aus einem anderen Ort, hat mir die Regeln beigebracht. Wir waren beim Skikurs Zimmergenossinnen und beide 14 Jahre alt. Es hat mir von Anfang an gefallen. Dass jede Figur anders fährt, dass die Dame so stark ist, dass jeder Zug große Veränderungen bewirken kann.

Meine Mutter schenkte mich darauf hin ein Buch über die Entstehung des Schach. Es handelt von dem – der Legende zufolge – Erfinder des Schachs, seiner Weisheit und der Anekdote um den Weizenkörner-Preis, den der indische Herrscher ihm für seine Verdienste zu zahlen versprach. Die Anekdote lehrte mir, dass Schach und Mathe miteinander verwoben sind, wodurch ich das Spiel noch spannender fand.

In der Schule gab es kaum Mädchen die Schach spielten, daher blieb mir meist nur die strenge Erzieherin. Sie wollte immer spielen aber nie verlieren. Bei Verlust gab es Konsequenzen für die ganze Gruppe. Deshalb riefen die Schulkolleginnen zu mir: „Christine, bitte lass die Alte gewinnen, wir wollen heute noch ins Kino!“

___Fußnote___
Weizenkörner Legende auf Wiki: Sissa ibn Dahir

Lothar aus Worms (DE)

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Schach- und Religionslehrer

Als Kind war „a2-a4 und dann der Turm hinaus“ gefühlt jahrelang meine Lieblingseröffnung.

Lothar aus Worms

Erst viel später war ich bereit einzusehen, dass Theorie hilft. Ich denke mein Volksschulfreund Rainer, der mir das Schachspiel beigebracht hat, wird nicht einmal gewusst haben, dass es Schachliteratur gibt. Rainer hatte ein gebrochenes Bein und ich besuchte ihn in dieser Zeit zu Hause. Eigentlich wollte ich es gar nicht lernen, aber die Wünsche vom Freund mit Gipsfuß erfüllst du natürlich.

Diesen Sommer habe ich das Buch „Schach, aber richtig! Die Überwindung des amateurhaften Denkens“ von Jeremy Silman studiert. Was für eine Offenbarung! Der Autor schreibt lebendig und lustig über falsche Denkmuster von Amateuren, in denen sie sich gerne frühzeitig verfangen. Er fand diese Muster heraus, als er seine Schüler ihre Partien laut analysieren ließ. Dieses Schuljahr werden meine Schüler von mir wohl ungewöhnlich viel zum Sprechen aufgefordert werden!

Silman zeigt an Hand seiner Theorie von den „Störungen des Gleichgewichts“, wie die richtige Denkweise sein soll, wie man im Mittelspiel einen guten Plan schmiedet und diesen dann unbeirrt und standhaft verfolgt.

Meine Berufung als Schachlehrer und Schachtrainer ist und bleibt: Kindern die Freude am Schach zu vertiefen – denn Schach spielen macht glücklich.