Göran aus Wien (A)

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Bettfederntandler, Gelegenheitsschachspieler

‚Ohne Dam kann i goa ned spüln.‘ Zumindest habe ich das jahrelang gedacht …

Göran im Café Pierre, in seiner Barnabitengasse

Willi hätte die Damen nie getauscht. Nein, auch dann nicht, wenn ich gleich am Anfang mit ihr rausfahre. Willi lässt die Damen einfach am Brett. Er kann ja auch nicht ohne Dame spielen.

Mein langjähriger Freund Willi – bitte, es gibt keine alten Freunde, nur langjährige. Er war Bibliothekar im Bücherbus und hat in den Pausen mit dem Busfahrer Schach gespielt.

Ich fragte ihn, ob er auch mit mir spielen mag. Die Regeln des Spiels kannte ich bereits, mein Vater, Gründer unserer Daunenmanufaktur in der Barnabitengasse, hatte sie mir schon als Kind beigebracht.

Seither, also seit meiner Studentenzeit, habe ich nur mit Willi gespielt. Wir haben uns immer einen guten Wein dazu genehmigt und andauernd den Schnabel offen gehabt. Es waren herrliche, lange Abende.

Neulich kam der Schock, dass ich die ganze Zeit Willi, statt Schach gespielt habe!

Wie ich da drauf kam? Weil ich mit Dir zum Spielen begonnen habe. Und mit dem depperten Puzzle Streak auf lichess.org. Auf einmal merke ich, dass man Schach ganz anders spielen kann. Sogar ohne Dame gibt es Angriffsideen ohne Ende!

Na ja, auch egal.

Es geht mir eigentlich um das ganze Drumherum. Mit netten Leuten zusammensitzen, Schmäh führen, anstoßen – und ab und zu eine gute Idee am Schachbrett haben.

Bernhard aus Neuss (D)

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leitet die Niederlassung eines amerikanischen Rückversicherers in Wien

Eigentlich zieht es sich durch meine Schachkarriere hindurch, dass ich ein Groupie* bin.

Bernhard im Büro der General Reinsurance AG Vienna Branch mit Blick über Wien

Als Kind lebte ich mit meinen Eltern und meinem großen Bruder in Afghanistan. Einmal haben wir in Kaschmir Urlaub gemacht, wo meine Eltern ein wunderschönes, hölzernes, handgefertigtes Schachspiel gekauft haben, das ich heute noch besitze. Bei der WM Fischer-Spassky wollte mein Vater die in der Tageszeitung veröffentlichten Partien nachspielen und beklebte das schöne Schachbrett mit sehr hässlichen, billigen Pickerln, auf denen er mit der Hand Buchstaben und Zahlen schrieb. Welch ein Kontrast der Eleganz!

Als Teenager schenkte unser Onkel uns 2 Bücher, eines von Franz Beckenbauer und eines über Schach. Zunächst interessierte mich nur die Biografie. Aber Gott sei Dank habe ich dann irgendwann auch zu dem anderen Buch gegriffen. Seitdem war es um mich geschehen!

Später hat mich Problemschach in seinen Bann gezogen. Seit Jahrzehnten abonniere ich die Problemzeitschrift „Die Schwalbe“ und – solange sie publiziert wurde – die Märchenschachzeitschrift „feenschach“.

Hier setzt oft eine gewisse Kreativität meinerseits an: Ich sehe etwas, das ich interessant finde und versuche es in eine andere Dimension zu transferieren. Zum Beispiel eine Selbstmattstellung. Ich frage mich dann: Ginge das Problem auch auf einem Zylinderschachbrett?

Seit kurzem bin ich Vorstandsmitglied im Schachklub Baden und gestalte daher aktiv mit. Die Jugendarbeit läuft gut. Es ist herrlich, wenn der Saal voller Kinder tobt und nach und nach die Erwachsenen zu ihrem Klubabend eintrudeln. „Generationsübergreifend“ soll gelebt und Freunde zu attraktiven Turnieren eingeladen werden.

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* Die Bezeichnung stammt von Alexander Fauland, als er mich beim Frühstück bei irgendeinem Bundesligawochenende nach meiner Elozahl fragte.

Georg aus Wien (A)

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Musiker, Komponist, Autor

Mich faszinieren die Schachpersönlichkeiten, die historischen wie auch die Meister von heute.

Georg im Parklet beim Kulturcafé Max

In der AHS Unterstufe habe ich ein Referat über Schach gehalten. Über Schach gibt es soviel zu erzählen: die astronomische Anzahl an Möglichkeiten, Zugfolgen & Stellungen. Die Geschichte des Schachs ist lang und reich an Anekdoten, Kuriosa und Legenden, wie zum Beispiel die mit den Reiskörnern auf dem Schachbrett.

Damals, als junger Teenager, war ich sehr unsicher und schüchtern. Es hat mich damals überwältigt, dass ich mit dem Schach-Referat so punkten konnte. Alle waren still, alle hat es begeistert! Das war ein richtig guter Tag für mein Selbstvertrauen.

Ich fing an, mich für Musik zu interessieren, machte daraus meinen Beruf und ließ das Schachspiel ruhen. Die Pause dauerte 30 Jahre …

Erst 2017 fing ich wieder an, nachdem ich, bei einem Strandspaziergang mit meiner Frau, vom Schach und seinen Meistern schwärmte. Über diese verrückte Bobby Fischer-Geschichte und so. Dadurch weckte ich erneut mein Interesse für das Spiel. Mein eigenes Reden hat mich selbst wieder enthusiastisch gemacht!

Schach spiele ich nur zur Entspannung, zum Spaß. Beim Musizieren und Komponieren gehe ich mit absoluter, detailverliebter Sorgfalt vor. Beim Schach darf es dafür wild zugehen. Schach spielen ist daher für mich ein herrlicher Ausgleich.

Georg & Gunkl schreiben geistreiche Wortspielbücher:

Georg komponiert: „Four Movements For String Quartet
Georg komponiert & musiziert: „Wien bleibt Krk mit Thomas Gansch

Rawa aus Homs (SYR)

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Sekretärin im Dekanat-Fakultät für Pharmazie

Ich komme aus der Stadt Homs im Westen Syriens, der Hauptstadt des Bundesland Homs.

Rawa lacht eigentlich immer

Homs kannst Du Dir vorstellen wie das Burgenland von Syrien. In Witzen haben wir Homser immer die Rollen der Doofen.

Ich war das jüngste Kind in der Familie, daher wollte niemand mit mir Schach spielen. Immerhin hat mir meine Tante die Regeln beigebracht. Naja, gezeigt, wie die Figuren fahren, das hat sie. So blieb Schach in Syrien für mich etwas, was die Erwachsenen spielen – und in Witzen kamen Schachspieler auch manchmal vor:

Ein Mann kommt spät nach Hause.
Seine Frau: „Wo warst Du solange?“
Mann: „Schach spielen mit einem Freund.“
Frau: „Wieso riechst Du denn nach Whisky?“
Mann: „Ich kann doch nicht nach Schach riechen.“

Erst hier in Wien habe ich so richtig angefangen Schach zu spielen. Zuerst Millionen Partien gegen den Laptop. Hahaha, nicht gegen den Laptop, am Laptop natürlich.

Dann überall in Wien, nachdem ich Chess Unlimited kennengelernt habe!
Der Sohn einer Freundin arbeitete im Café Baharat und wir sind einmal mitgegangen. Es war ein Mittwoch und daher Schachnachmittag. Du (Kineke) hast mich sofort empfangen, gesagt was Chess Unlimited macht und mir eine Visitenkarte gegeben.

Damit ging so viel los!
Neue Plätze, um hinzugehen und Schach zu spielen. Neue Freunde. Letztendlich habe ich sogar einen Job indirekt über Chess Unlimited bekommen. Eine Freundin, die ich dabei kennengelernt habe, hat mir den Kontakt verschafft.

Da Ruady aus Wien (A)

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Hansdampf in allen Gassen

Mein Vater wollte uns die Grundbegriffe des Schachs beibringen.

Lebenskünstler Ruady

Er zeichnete ein Schachbrett auf einen Karton und (er)fand die Schachfiguren dazu: Hosenknöpfe waren die Bauern, der König eine auf den Kopf gestellte Schraube, die Dame eine dickere, die Läufer kleinere. Die Türme waren aus Holzreste. Die Springer ebenso, jedoch mit vom Vatern aufgemalte Pferdeköpfe.

Er stellte die Figuren auf und erklärte, welche Aufgaben die Knöpfe, Schrauben und Holzklötzchen im Schachspiel haben. Mir rauchte der Kopf, aber meine Neugierde war geweckt.

Nach der Malerlehre in Graz machte ich mich auf den Weg, mit Schachkassette, Gesellenprüfung und weisen Spruch meines Meisters in der Tasche: „Merk dir für deine Zukunft: Blöd kannst sein, aber du musst dir zu helfen wissen.“

Nach einigen Jobs in Wien wurde ich Vertreter, was mir erlaubte, ganz Österreich kennenzulernen. Dann gings nach Deutschland und in die Schweiz, wo ich mich weiterhin mit Geschick, Charme und Redseligkeit durchschlug.

Wieder in Wien wurde ich Geschäftsführer bei einer Würstelstandkette. Auf meinem Schachbrett des Lebens waren das die ersten Züge einer sehr dramatischen Partie. Um dem Spiel eine neue Wendung zu geben, wechselte ich die Strategie und wurde Betreuer eines Flüchtlingsheims in Sallingberg.

Meine nächsten Züge führten mich in die Dominikanische Republik. Mit einer Audiokassette lernte ich Spanisch, mit Hilfe meiner Kontaktfreudigkeit wurde ich Reiseleiter. Nach 15 ereignisreichen Jahren kehrte ich nach Wien zurück.

Das Schachspiel half mir enorm, mich hier wieder Zuhause zu fühlen.